Führung entscheidet den Erfolg von Wandel
Lernen in der Transformation
In meinem Arbeitsumfeld fällt mir immer wieder auf, wie viele Verantwortliche die Begriffe »Change« und »Transformation« verwenden, als bedeuteten sie dasselbe. Auch in Fachliteratur, Zeitungsartikeln und Unternehmenspublikationen werden die Begriffe nicht immer getrennt voneinander betrachtet. Dabei handelt es sich hier keineswegs um ein Paar Schuhe. Was unterscheidet »Change« von »Transformation«? Und warum ist das für Unternehmenslenker und Verantwortliche für Business-Veränderungen wichtig?
Change
Change bedeutet die Planung und Umsetzung konkreter Handlungen, die entweder Teilbereiche oder das ganze Unternehmen betreffen. Change ist oftmals die Reaktion auf bestimmte Missstände im Unternehmen: Zu hohe Kosten, zu wenig Umsatz, zu lange Produktionszeiten, zu hohe Mitarbeiterfluktuation, etc. Dabei wird der Change wie ein Projekt gehandhabt. Wenn beispielsweise der Produktionsprozess eines Autoteileherstellers optimiert werden soll, wird ein Change-Projekt angestoßen.
Dabei werden die Rollen aller Beteiligten in der Produktion neu definiert, Abteilungen zusammengelegt oder aufgelöst. Die internen Arbeitsformen werden hinterfragt und angepasst. Die Kooperationsformen mit Stakeholdern werden neu gedacht sowie Ziele und Leitbilder neu gesteckt.
Üblicherweise werden die im Change- und Projektmanagement bekannten und bewährten Arbeitsschritte angewandt: Planung, Einbindung der Führungsebene, Kommunikation und Einbindung der Mitarbeiter, Rollenverteilung, Erstellung von Meilensteinen, Einstellen oder Halten von Schlüsselpositionen, gegebenenfalls Abbau überflüssiger Positionen, Neuverhandlung mit Stakeholdern, Projektdokumentation, Abschluss und Messung der Resultate usw. Ursache und Wirkung sind meist eng verknüpft. Man befindet sich in einem vermeintlich kontrollierten System.
Ziel der Verantwortlichen ist es, das Verhalten der Betroffenen zu ändern, damit die neuen Strukturen funktionieren. Im Change ist das Ziel bekannt. Im Rahmen der Umsetzung wird es eventuell justiert. Doch es bleibt für alle Beteiligten immer klar vor Augen.
„Change fixes the past, transformation creates the future“.
Tanmay Vora, Direktor F&E, BASWA, Indien.
Transformation
Transformation hingegen bezieht sich auf eine Vielzahl sich gegenseitig beeinflussender Faktoren, auf die Gesamtheit eines sozio-kulturellen Systems. Das Ziel der Transformation ist die Umwälzung von Altem hin zu Neuem, die Neudefinition von Geschäftsmodellen, die Neuerfindung des Unternehmens. Damit haben die Ziele eher visionären Charakter. Es gilt, die gesamte Unternehmensvision neu zu entwickeln, ein neues Zukunftsbild zu zeichnen, das einer Utopie gleichkommt – und an dem das Unternehmen neue Kräfte schöpfen kann.
Transformation ist also ein langfristiger, im Idealfall nicht endender Prozess, bei dem sich das Unternehmen immer wieder neu erfindet. Der Direktor Forschung und Entwicklung von Baswa aus Indien, Tanmay Vora, bringt den Unterschied zwischen Change und Transformation präzise auf den Punkt: »Change fixes the past, transformation creates the future«.
Transformationen sind unberechenbarer als Change-Projekte, da sie in den meisten Fällen viele Geschäftseinheiten betreffen. Auch die Risiken sind bei Transformationen in der Regel höher, da selbst das Management nicht immer weiß, wohin genau die Reise geht. Ursache und Wirkung sind oftmals nicht deterministisch verknüpft. Das Unternehmen befindet sich auf einem weiten Feld für gemeinsames Lernen.
Ziel der Verantwortlichen ist es, Wahrnehmung, persönliche Einstellung und Gefühle der Betroffenen zu »dem Neuen« positiv zu beeinflussen. Transformation hat eine zutiefst menschliche Seite, die berücksichtigt werden muss. Der Verlust des »Alten« und der damit verbundene Schmerz muss thematisiert und entsprechend gemanagt werden. Es gilt, die Betroffenen durch die Neutrale Zone zu begleiten. Changemanagement ohne Transformationsmanagement wird nicht nachhaltig erfolgreich sein!
Was bedeutet das für Verantwortliche?
Während es für Change-Projekte klare Methoden und Tools gibt, sind bei Transformationsprozessen – neben bewährten Methoden – Kreativität, Experimentierfreude und Agilität gefragt. Für Unternehmenslenker und Verantwortliche bedeutet das, neben Changemanagement-Skills auch noch andere Fähigkeiten im Petto zu haben, wie:
- Einen Führungsstil, der eine Fehler- und Lernkultur vorlebt
- Weg vom EGO und hin zu einem vernetzen, kooperativen ECO System. Das heißt auch, vermeintliche Kontrolle abzugeben
- Eine hohe Flexibilität, was die Koordination von Ressourcen betrifft
- Eine gelebte Agilität über alle Geschäftsbereiche hinweg
- Das Gespür und die Fähigkeit, innovative und unkonventionelle Kooperationen zu bilden
- Ein hohes Maß an Kreativität und Kommunikationsfähigkeit. Offene, emphatische und regelmäßige Kommunikation sind erfolgsentscheidend
- Transformation kann man nicht per PowerPoint instrumentalisieren oder anordnen. Sie ist für jeden Beteiligten individuell und ultimativ
Change und Transformation sind synonym mit »Doing« und »Being«, also Machen und Sein. Erfolgreich und wirkungsvoll angewandt, bedingen sie verschiedene Arten von Werkzeugen und Ansätzen und – oft sehr entscheidend – bestimmte Typen von Führung und Persönlichkeiten. Sowohl Change, als auch Transformation bedeuten eine Veränderung. Change ist eher als Projekt und kurz- bis mittelfristig zu betrachten. Transformation ist eher ein Prozess und langfristig zu verstehen.